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Frankfurter Allgemeine | Wie aus Stahl Mode wird

Was vor rund 70 Jahren mit dem spanischen Modeschöpfer Paco Rabanne auf den Pariser Modeschauen begann, der ein innovatives Material suchte, um seinen Kleidern ein futuristisches Image zu geben, hat ein Reihe von Nachahmern gefunden.

Am Anfang war es nur eine Schnapsidee“, berichtet Sven Reimann. Vor drei Jahren ließ er zusammen mit zwei Schulfreunden ein T-Shirt herstellen, auf dem die „Brücke der Solidarität“ zu sehen war. Diese Rheinbrücke gilt bis heute als ein Symbol für den Kampf der Arbeiter gegen die Schließung des Krupp-Stahlwerkes in Duisburg-Rheinhausen vor über 30 Jahren. Nachdem das T-Shirt bereits innerhalb von nur zwei Wochen ausverkauft war, gründeten die drei Duisburger Jungs die Marke „Stahlkind“. Weitere Motive aus dem Umfeld der Stahlindustrie folgten. „Unsere Familien sind alle in der Stahlindustrie beschäftigt“, erklärt der 37-Jährige Finanzbuchhalter, der jedoch selbst im Obst- und Gemüseexport arbeitet. So gibt es  inzwischen T-Shirts mit einem Eisenerzfrachter, mit einem Duisburger Hochofen, einem Torpedowagen, der Roheisen transportiert, und drei „Malochern“ oder Straßenkickern vor dem Hochofen.

Wo gibt es diese Stahlmode zu kaufen, und wer sind die Kunden? Das eigene Geschäft in der Duisburger Potmannstraße hat dienstags und donnerstags abends geöffnet sowie an Samstagen. Im Onlinehandel wird auch überregional verkauft. Die T-Shirts, die alle knapp 25 Euro kosten, sind vor allem in Orten mit Stahlwerken, zum Beispiel nach Eisenhüttenstadt, Hamburg oder im Saarland gefragt. „Unser Herz hängt an dem Laden“, sagt der überzeugte Ruhrgebietler Reimann. „Den Überschuss reinvestieren wir zu 100 Prozent in neue Produkte.“

Mit 3D-gedruckten Schuhen aus Stahl für US-Star Lady Gaga fing es an. Danach folgte ein Kleid aus Bandstahl. Normalerweise stellt man aus dem 0,022 Millimeter dünnen Stahl Rasierklingen, Skalpelle oder Ventilklappen her. Der schwedische Designer Naim Josefi kreiiert daraus jedoch Mode für den Laufsteg. Für seine Kollektion färbte er den Stahl  eine elektrochemische Behandlung beim Hersteller im schwedischen Munkfors in verschiedenen Blautönen, in Schwarz und Weiß ein. „Dies war mit Abstand mein bisher ambitioniertestes und gleichzeitig eigenartigstes Projekt“, sagt der Designer.

Und es kam nicht nur in Schweden gut an: Vor zwei Jahren trug die iranisch-schwedische Schauspielerin Bahar Pars, Hauptdarstellerin des Oscar-nominierten Films „Ein Mann namens Ove“, auf der Oscar-Verleihung in Los Angeles ein Kleid des Modeschöpfers. Die auf dem Roten Teppich mit passender Stahl-Halskette stolz vorgeführte Robe aus dem neuen Kleiderstoff war mit 6000 funkelnden Stahlpailetten besetzt.

1000 Jahre Garantie verspricht der Schuhdesigner und Inhaber der Firma House of Borgezie Christopher Shellis für seine Stilettos aus Edelstahl. Sie sind somit weltweit die ersten Schuhe, die sogar an die Enkeltochter vererbt werden können. Damit die nach zweijähriger Entwicklungszeit handgefertigten Schuhe bequemer sind, schützen Silikon-Einlagen und eine herausnehmbare Sohle die Füße. „Es war ein anspruchsvoller Prozess, weil man sowohl orthopädische als auch modische Aspekte beachten musste. Ich habe Models, die diese Schuhe zehn Stunden auf dem Laufsteg trugen und danach keine Druckstellen an den Füßen hatten“, so der britische Designer. Die High Heels für die Ewigkeit brauchen nicht geputzt zu werden, allenfalls gelegentliches Abstauben ist angesagt. Einige dieser Luxus-Stilettos, die ab 1000 britischen Pfund zu kaufen sind, sind sogar mit Brillanten besetzt. Ein Paar soll 2015 die US-amerikanische Popsängerin Beyoncé für 216 000 Pfund erstanden haben.

Die Verwendung des im letzten Jahr mit dem Stahl-Innovationspreis ausgezeichneten Gewebes Seda als Textilien in der Mode ist noch Zukunftsmusik. Grundsätzlich sei das filigrane, transparente und farblich changierende Material dafür durchaus geeignet, so Armin Fehr, Geschäftsführer vom Hersteller proMesh aus Mühlacker in der Nähe von Pforzheim. Es lässt sich schneiden, nähen, aufhängen oder spannen wie andere Textilien. Bisher wird jedoch das ästhetisch ansprechende Gewebe, das haptisch wie Seide wirkt und auch so knittert, vor allem in der Innendekoration als Vorhang oder Abtrennung eingesetzt. Einen Vorteil hat das Gewebe im Vergleich zu Stoff allerdings: Es ist viel leichter zu reinigen, weil von den Edelstahlfäden mögliche Flecken einfach mit einem feuchten Tuch zu entfernen sind.